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Donnerstag, 23 Oktober 2014 00:00

Der Flow-Effekt: 4 Voraussetzungen zum Glücksrausch Empfehlung

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Erfahren Sie, wie Sie einen Flow-Effekt erzielen können Erfahren Sie, wie Sie einen Flow-Effekt erzielen können Denphumi // shutterstock.com

Wir schreiben Mittwoch, den 14.11.2012. Im schwedischen Solna kommt es zum Traditionsduell der schwedischen und der englischen Fußball-Nationalmannschaft, die bereits vielfach in Qualifaktionsspielen zur EM und zur WM aufeinander getroffen sind. Obwohl es sich nur um ein Freundschaftsspiel handelt, wird dennoch die ganze Welt anschließend darüber berichten.

Was war geschehen? In jenem Spiel scheint es, als käme ein gewisser Zlatan Ibrahimovic von einem anderen Stern. Der bereits seit Jahren als Enfant Terrible des europäischen Fußballs verschrieene schwedische Stürmerstar zerlegt an diesem Tage das englische Nationalteam nahezu im Alleingang. Sensationelle 4 Tore steuert er zum 4:2-Sieg der Schweden bei, zu guter Letzt sogar ein Tor per Fallrückzieher aus sage und schreibe fast 25 Metern (Das Tor können Sie unten im Video ansehen).

 

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Friedrich Schiller


Ibrahimovic selbst beschrieb jenes Erlebnis so: "Als das erste Tor fiel, war ich glücklich. Beim zweiten bin ich durchgedreht. Beim dritten habe ich mich umgeschaut: „Okay, was sagt ihr jetzt?“ Und beim vierten, dem Fallrückzieher-Tor, habe ich mir dann nur noch gedacht: „Das war's. Ich weiß nicht, was ich sonst noch tun könnte.“1

Was Ibrahimovic an jenem Tag erlebte, war ein sogenannter Flow. Jenen Begriff prägte der amerikanischer Glücksforscher mit dem zungenbrecherischen Namen Mihály Csíkszentmihályi und meint damit einen Zustand in dem wir, „wie im Rausch“ sind. Unser Bewusstsein befindet sich in einem spielerischen Zustand, in dem jegliche Anspannung und Nervosität verschwunden ist.


„Das Urbild des Menschen im Flow ist das spielende Kind, das sich im glückseligen Zustand des Bei-sich-Seins befindet.“
Siegbert Warwitz, deutscher Psychologie und Sportwissenschaftler


Wir gehen in jenen Momenten in einer Aufgabe voll auf, erleben eine wahre Leichtigkeit des Seins, die uns scheinbar alles gelingen lässt. Flow-Momente können uns überall widerfahren, auf der Arbeit, im Sport oder auch in der Freizeit. Beispielsweise macht sich dieser Zustand im Arbeitsleben bemerkbar, in dem wir dermaßen fokussiert eine Aufgabe erledigen, dass der Arbeitstag förmlich an uns vorbei fliegt.

Beim Sport verlieren wir jedwede negativen Gedanken wie Aufregung und Anspannung und sind mit der spielerischen und wertfreien Freude eines Kleinkindes am Geschehen beteiligt. Alles funktioniert wie von selbst, so dass wir es uns hinterher oftmals selbst nicht erklären können, warum wir gerade jene Aktion gemacht haben. Wir verfügen dann einfach über eine brillante Intuition und machen stets, wie von Geisterhand gesteuert, das Richtige.

Wie lässt sich der Flow-Zustand erklären?

Die Wissenschaft definiert das Zustandekommen einer Flow-Phase dadurch, dass uns eine Tätigkeit zum einen gefallen muss und zum anderen nicht überfordern darf. Überfordert die Tätigkeit uns, geht damit unsere Mühelosigkeit verloren, die Grundvoraussetzung für das Abgleiten in jenen Bewusstseins-Zustand ist.

Unterfordert die Tätigkeit uns oder lassen wir uns zu sehr ablenken, besteht die Gefahr, dass wir uns langweilen und uns nicht fokussieren können. Demnach muss das Tätigkeitsprofil genau zwischen Überforderung und Unterforderung liegen, so dass wir auf Anhieb erkennen, dass wir die uns zugedachte Tätigkeit meistern können und dabei uneingeschränkt positiv eingestellt sind.

Wie können wir den Flow-Effekt für uns im Umgang mit anderen nutzen?

Angenommen Sie sind in einer leitenden Position, dann können Sie Ihren Mitarbeitern, Spielern, Schülern, etc. die Angst nehmen, sich unbedingt vor Ihnen beweisen zu müssen. Dieses sich selbst unter Druck setzen führt schnell zu Fehlern und hat somit genau den gegenteiligen Effekt vom Flow. Versuchen Sie stattdessen Ihre Mitarbeiter häufiger zu loben und lassen diese eigenständig Aufgaben erledigen, damit diese daran wachsen und sich noch stärker mit der Aufgabe identifizieren. So können Sie dieses bewusst in Flow-Phasen „steuern“.2

Hier einmal die vier Voraussetzungen, die Sie beachten sollen um Menschen in den Flow-Zustand zu bringen und wahre Leistungsexplosionen ermöglichen:


1. Aufrichtige Anerkennung geben

Oberste Priorität hat daher, dass wir den Menschen die Angst vor dem „sich beweisen müssen“ nehmen. Ein Zlatan Ibrahimovic muss sich in der schwedischen Nationalelf beispielsweise nicht mehr beweisen, da er weiß, dass er der beste Spieler in der Mannschaft ist. Das macht es für ihn einfacher, da er nicht befürchten muss, nach einem schwächeren Spiel gleich auf der Bank zu landen.

Da nicht jeder von uns ein Zlatan Ibrahimovic seines Faches ist, werden Sie feststellen, dass Sie genau den gleichen Effekt durch aufrichtiges Lob und Anerkennung erreichen. Sagen Sie den Menschen, was Sie an diesen beeindruckt, denn wenn diese sich erst einmal Wert geschätzt fühlen, werden sie entspannter an eine Aufgabe heran gehen.

"Durch Anerkennung und Aufmunterung kann man in einem Menschen die besten Kräfte mobilisieren."
Charles M. Schwab, 1862-1939, amerikanischer Stahlmagnat


Jene Personen wissen dann, dass Sie von ihnen überzeugt sind. Dies macht es für sie wesentlich einfacher, da sie sich nicht mehr vor Ihnen beweisen müssen. Gleichzeitig werden sie motivierter, kreativer und gestalterischer bei der Aufgabenbewältigung mitwirken.


2. Spaß am Tun vermitteln
Sorgen Sie für genügend Spaß und Abwechslung. Seien Sie beispielsweise spendabel und bringen Sie ab und an mal überraschend etwas zu essen oder zu trinken für Ihre Schützlinge mit zum Arbeitsplatz oder aufs Training!

So erkennen diese schnell, dass für Sie Leistung nicht alles ist. Denn wenn Sie den Wert Ihrer Schützlinge auch abseits ihrer eigentlichen Tätigkeitsbereiche schätzen, werden Sie feststellen, dass dieses Verhalten sich auch auf jene überträgt und dieses Vertrauen zurückgezahlt wird. Die Folge wird sein, dass sie „wahre Anhänger“ Ihrer Person erhalten, die mit noch mehr Spaß bei der Sache sind und Ihnen noch treuer folgen werden.

 

"Wenn man Spaß an einer Sache hat, dann nimmt man sie auch ernst."
Gerhard Uhlenbruck, deutscher Mediziner


Eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 1996 bestätigt diese Annahme: Bei einer Stichprobe von 203 Schwimmern, die im Schnitt 36,4 Jahre alt sind und drei bis viermal pro Woche trainieren, stellte sich heraus, dass diejenigen die meisten Flow-Erlebnisse hatten, die einfach nur aus Spaß am Schwimmen ihren Sport ausübten. Alle anderen Motivationsfaktoren, wie Geld, Anerkennung von anderen, etc. hatten weniger Flow-Erlebnisse.


3. Druck vermeiden und Fehler ausdrücklich zulassen
Nichts ist lähmender für eine gute Leistung, als die Angst vor Fehlern zu haben. Gerade bei Sportlern stellt man dies immer wieder fest. Sobald diese einen negativen Lauf haben, beginnen sie nachzudenken und ihre Spielweise auf das Vermeiden von Fehler zu begrenzen. Die Folge sind noch mehr Fehler. 

 

"Wer arbeitet, macht Fehler, wer viel arbeitet, macht viele Fehler, und wer keine Fehler macht, ist ein fauler Hund."
Elmar von Lukowicz


Dieses Fehlervermeidungsverhalten schränkt die Möglichkeiten des Einzelnen enorm ein und der Spaß an der Sache geht komplett verloren. Sie haben gelesen, wie wichtig eine uneingeschränkt positive Einstellung für den Flow ist. Wenn Sie Ihre Schützlinge bei Fehlern gleich kritisieren, werden Sie feststellen, dass diese positive Einstellung im Keim erstickt wird und eine Top-Leistung schon nahezu ausgeschlossen ist.

Lassen Sie daher Fehler ausdrücklich zu, fordern Sie Ihre Schützlinge vielmehr sogar auf „Neues“ auszuprobieren. Denn nur so lässt sich Anspannung abbauen und der Spaß aufrecht erhalten. Oder würden Sie als Trainer einen Spieler wie Zlatan Ibrahimovic gleich kritiseren, wenn ihm einmal ein Hackentrick misslingt?!


4. Eigenständige Entscheidungen treffen lassen
Denken Sie ein Zlatan Ibrahimovic lässt sich von seinem Trainer sagen, in welche Ecke er einen Freistoß oder Elfmeter zu schießen hat? Oder denken Sie ein Trainer würde zu ihm sagen „Probier ja nicht einen Fallrückzieher aus 25 Metern Entfernung. So kannst Du nie ein Tor schießen“? In dem Sie Ihren Schützlingen die individuelle Entscheidungsgewalt nehmen, schränken Sie deren Potenzial enorm ein - und damit auch Ihr Eigenes!

Lassen Sie Ihre Schützlinge eigenständige Entscheidungen treffen, damit Sie deren volles Potenzial für sich Nutzen können. Angenommen Sie bauen gerade ein Haus und zweifeln, an welcher Stelle Sie überall Steckdosen platzieren wollen, dann fragen Sie doch einfach Ihren Elektriker, was er als Experte an Ihrer Stelle tun würde, wenn dies sein Haus wäre. Sie werden feststellen, dass sich die Denkweise in jenem Moment komplett ändert und Ideen nur so aus ihm heraussprudeln werden.

 

"Das beste Training liegt immer noch im selbständigen Machen."
Cyril Northcote Parkinson, 1909 - 1993, britischer Historiker und Publizist


Er muss sich jetzt nicht mehr an einen starren Plan halten, sondern wird Ihnen sicher den einen oder anderen Tipp aus seinem eigenen Erfahrungsschatz geben. Sie können somit sein Potenzial für Ihr Ziel nutzen. Genauso verhält es sich mit allen Arten von Entscheidungen.

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Einzelnachweise:

1. vgl.: ohne Autor, Kicker.de: Ibrahimovics Traumtor-Kopie: "Keiner konnte es glauben“ vom 08.10.2014 unter http://www.kicker.de/news/fussball/em/startseite/613067/artikel_ibrahimovics-traumtor-kopie_keiner-konnte-es-glauben.html

2. vgl. Wikipedia.de: Flow (Psychologie) unter http://de.wikipedia.org/wiki/Flow_%28Psychologie%29

Gelesen 12039 mal Letzte Änderung am Dienstag, 27 Januar 2015 16:06
Christian Esch

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Sehen Sie Zlatan Ibrahimovic´s sagenhaften Fallrückzieher berra86 // youtube.com