Heute analysieren wir zwei Weltklasseathleten, die sicher dem einen oder anderen bekannt sind. Während der eine als Jahrhunderttalent im Tennissport galt, gelang es dem anderen trotz wesentlich ungünstigerer Voraussetzungen zum Jahrhundertsportler dieses Planeten zu werden. Doch der Reihe nach…
John McEnroe war bereits in jungen Jahren ein begnadeter Tennisspieler. In einem Interview sagte er einmal, dass seine Eltern ihn auf dem Weg zum Top-Tennisspieler unermüdlich angetrieben hätten und es schien so, als lebte sein Vater nur für den Erfolg des Sohnes.
McEnroe Junior brachte seinem Vater schließlich den Erfolg, den er ersehnte, während er selbst nach eigener Aussage lediglich die Konsequenzen des Erfolgs genoss: An der Spitze zu sein, die Lobhudelei der Menschen um ihn herum und das Geld.
Fixed Mindset vs. Open Mindset
Eines Tages stellte er verwundert fest, dass „es so scheint, dass viele Athleten ihren Sport lieben“. Er jedoch glaubte nicht, jemals so gedacht zu haben. Wie Carol S. Dweck in Ihrem Buch „Mindset“ feststellt, ist der Grund hierfür vermutlich, dass McEnroe bereits früh auf Erfolg gedrillt wurde.
Möglicherweise hatte er in der Anfangszeit diese Liebe zum Tennissport, schließlich sagte er einmal, dass es ihn früh am Tennis faszinierte, wie viele unterschiedliche Möglichkeiten es gibt, einen Ball zu schlagen. Drill und Erfolgsdenken sind jedoch schlechte Voraussetzungen auf dem Weg zum Jahrhundertsportler, da der Spaß am Lernen auf der Strecke bleibt.
Intrinsische Motivation entscheidend
Besser ist es, wenn die Motivation „aus der Person selbst kommt“ (also intrinsisch ist) und diese unbedingt etwas lernen will. Denn während McEnroe sich stets all vollendetes Produkt sah, wusste Michael Jordan schon früh, dass mit hartem Training einiges zu erlernen ist.
Jordan selbst war in jungen Jahren bestenfalls ein durchschnittlicher Basketballer. Als Jugendlicher schaffte es MJ, wie er später genannt wurde, noch nicht einmal in der Basketball-Mannschaft seiner Highschool aufgenommen zu werden.
Der Umgang mit Niederlagen macht den Unterschied
Er zog jedoch bereits früh die richtigen Lehren aus diesem Trauma und ging fortan morgens bereits um 6 Uhr aus dem Haus, um vor Schulanfang noch zu trainieren. Auch wurde er nicht von dem College angenommen für das er eigentlich spielen wollte – doch auch diesen Rückschlag steckte er weg und trainierte noch härter an seinem Spiel.
Nachdem er es in die NBA geschafft hatte, lehnten zunächst zwei Teams Jordan beim Drafting ab und entschieden sich lieber für einen anderen Spieler. Doch auch davon ließ er sich nicht beirren und trainierte mit Feuereifer weiter an sich.
Ein Genie, das seine Genialität kontinuierlich verbessert
Einer seiner Assistenztrainer bei den Chicago Bulls nannte ihn einmal „ein Genie, dass seine Genialität kontinuierlich verbessere“. Auch auf der Höhe seines Erfolgs und seiner Berühmtheit setzte sich dieser Trainingseifer fort. Treffender als sein Statement in einem Nike-Werbesport könnte seine Einstellung kaum beschrieben werden:
„In meiner NBA-Karriere habe ich mehr als 9.000 Würfe verworfen und rund 300 Spiele verloren. 26mal wurde mir der spielentscheidende Wurf in der Schlusssekunde anvertraut – und ich verwarf. Ich scheiterte wieder und wieder in meinem Leben..! ..Und das ist es, warum ich ich erfolgreich wurde.” (der Spot ist unten im Original eingebettet)
Ausgeprägte “Opferhaltung” beim fixed Mindset
Michael Jordan verfügte über eine enorm hohe Resilienz und nutze Niederlagen stets dazu, daraus zu lernen und weiter an sich zu arbeiten. Dagegen suchte McEnroe bei Niederlagen stets die Fehler bei anderen. Mal verlor er, weil er Rückenschmerzen hatte, mal fühlte er sich als Opfer zu hoher Erwartungen, mal als Opfer der Boulevardpresse.
Mal verlor er, weil es zu kalt war, mal weil es zu heiß war. Die Liste seiner Ausreden ist lang und längst sind nicht alle aufgeführt. Sinnbildlich auch die Final-Niederlage gegen Ivan Lendl bei den French Open 1984. Nach einer 2:0-Satzführung unterlag er noch in fünf Sätzen.
Grund für die Niederlage: Ein Kameramann hätte sein Headset abgesetzt und der Lärm der Kopfhörer hätte ihn ständig in seiner Konzentration gestört.
“Manchmal muss man erst verlieren, um zu lernen, wie man gewinnt.”
Lewis Hamilton, Formel 1 Weltmeister 2014
Selbst wenn eine der genannten Gründe einmal für eine Niederlage ursächlich gewesen wäre, wäre es McEnroe nie in den Sinn gekommen, dass er daraus etwas lernen könne. Er war der festen Überzeugung, dass Talent das alles entscheidende Merkmal eines Sportlers ist und so ist es auch nicht verwunderlich, dass er aus Niederlagen nichts lernte.
Schließlich war er doch der talentierteste und wenn ein McEnroe verliert, muss das andere Gründe haben…
Ein Michael Jordan war anders. Er hätte wahrscheinlich an McEnroe´s Stelle nach der French Open-Niederlage wochenlang zusätzliches Einzeltraining mit einer Hintergrundlautstärke von 150 Dezibel gemacht (entspricht der Lautstärke eines Düsenflugzeuges in 30 Meter Entfernung), damit er beim nächsten Mal gewappnet ist, wenn ein Kameramann wieder sein Headset ablegt.
Angst vor der Blamage beim fixed Mindset
Während Jordan aus jeder Niederlage etwas “mitnahm”, wo er noch Entwicklungspotenzial hatte, waren Niederlagen für McEnroe Blamagen. Ein Beispiel hierfür ist auch das Jahr 1979, als er in Wimbledon auch im Mixed-Wettbewerb teilnahm, jedoch mit seiner Partnerin bereits frühzeitig ausschied.
Das schlimmste an der Niederlage war jedoch die Tatsache, dass McEnroe zweimal sein eigenes Aufschlagspiel verlor, während die anderen Spieler nicht mal ein Aufschlagspiel abgaben. Die Folge: McEnroe spielte 20 Jahre keine Mixed-Turnier mehr!1
Fleiß und Beharrlichkeit sorgen für kontinuierliche Verbesserung
Und genau das ist der kleine aber feine Unterschied zwischen lernfähigen Menschen und lernunwilligen Menschen: Denn obwohl es beide zur Weltklasse geschafft haben, zeigt sich erst bei Rückschlägen, wie gefestigt die entsprechende Person charakterlich tatsächlich ist – und hier hatte Michael Jordan gegenüber John McEnroe einiges voraus.
Unbestritten war John McEnroe ein Weltklasse-Tennisspieler und belegte vier Jahre lang Rang eins der Weltrangliste. Mit Rückschlägen umzugehen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, lernte er jedoch im Gegensatz zu Michael Jordan nie.
Denn während Jordan nach seiner Rückkehr vom anderthalbjährigen Baseball-Intermezzo trotz seiner inzwischen 32 Jahre stärker denn je war und mit seinen Chicago Bulls noch drei weitere Meisterschaften feierte, schaffte es McEnroe nach seiner Entthronung von Platz eins der Weltrangliste im Jahre 1985, obwohl erst 26 Jahre alt, niemals wieder auf die Königsposition.
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Einzelnachweise
1. vgl. Lowe, Janet: Michael Jordan Speaks: Lessons from World´s Greatest Champion (New York: John Wiley, 1999) und McEnroe, John: You Cannot Be Serious zitiert in Dweck, Carol S.: Mindset – How we can learn to fulfill our potential
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