„Neurons that fire together, wire together“, so lautete das berühmte Fazit von Donald Hebb, mit dem der renommierte Psychologe die Funktionsweise des menschlichen Lernens erklärte. Jene Erkenntnis war nicht nur für die Psychologie und die Neurologie von enormer Wichtigkeit, sondern birgt auch für Unternehmen ein Riesen-Potenzial zur Umsatzmaximierung.
Die Sache hat nur einen Haken: Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Konsumentenverhalten ist für die Werbung begrenzt und „nur dann gegeben, wenn der Verbraucher in dem Moment, in dem er die Werbung sieht oder hört, gerade einen Bedarf bei sich feststellt oder diesem Produkt ohnehin bereits positiv gegenüber gestimmt ist“.
So das bemerkenswerte Ergebnis einer Studie, die der deutsche Psychologe Wolfgang Stroede 2006 durchgeführt hat. Bei jenem Test beeinflusste das nur kurze (und für die Probanden kaum wahrnehmbare) Einblenden der Marke Lipton Ice Tea, die Getränkewahl der Probanden – jedoch nur dann, wenn sie durstig waren und gerne Lipton Ice Tea tranken.
So erreicht man die Köpfe der Massen
Die Gretchenfrage lautet daher: Wie können Unternehmen Hebb´s und Stroedes Erkenntnisse in ihre Werbung einbauen, um davon zu profitieren? Erschwerend kommt noch hinzu, dass jene im Fachjargon bezeichnete „unterschwellige Werbung“ in Deutschland verboten ist. Was also tun?
Eines ist klar: Das Potenzial jener Werbemöglichkeit besäße eine enorme “Sprengkraft”! Gerade weil es bis heute bestenfalls eine Handvoll Unternehmen gibt, die so zielgenau werben, dass sie nachhaltig im Bewusstsein der Konsumenten bleiben.
Ziel: Ins Bewusstsein der Massen zu gelangen
Um den Wirkungen des menschlichen Lernens auf den Grund zu gehen, müssen wir erst einmal genauer unter die Lupe nehmen, wie in unserem Gehirn Synapsen entstehen. Synapsen sind jene Verbindungen, die den Kontakt von einer Nervenzelle zur anderen herstellen. Dies lässt sich am einfachsten an einem Alltagsbeispiel zeigen:
An was denken Sie wenn Sie den Sommer-Hit von 2014 „Auf uns“ von Andreas Bourani hören? Vermutlich ergeht es einigen Lesern wie mir und Sie denken gleich an die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien.
Oder an was denken Sie, wenn Sie Nutella auf Ihrem Frühstückstisch sehen? Vielleicht wird der eine oder andere sich auch schon einmal dabei ertappt haben, dass er an die Fußball-Nationalspieler aus der Werbung denkt. Mit dem Ergebnis, dass wir zu glauben meinen, dass Nutella „ja dann auch für unser Frühstück gut sein muss“.
So feuern Nervenzellen
Jene Assoziation „erschafft“ die Werbung in unserem Kopf, obwohl Sie mit den Eigenschaften des Produktes wenig bis gar nichts zu tun haben. Nutella besteht zu zwei Drittel aus Zucker und zu einem Drittel aus Fett – demnach alles andere als gesund für unser Frühstück..!
Diese Denkweise ist letztlich unserem Kopf “geschuldet”: Nervenzelle 1 (z. B. der Song „Auf uns“) sorgt dafür, dass auch die Nervenzelle 2 (Gedanke an die Fußball-WM 2014) feuert. In genau jenem Moment entsteht eine Synapse und genau das ist es, was Hebb mit seinem eingangs erwähnten Fazit meinte.
Synapsen als Bindeglied
Mit anderen Worten: Mit jeder Wiederholung „verfestigt“ sich die Synapse bis sie letztlich fest im Gedächtnis gespeichert ist. Unser Gehirn ist dann so konditioniert, dass es immer an die Fußball WM in Brasilien denkt, wenn es das Lied hört.
Jetzt wissen Sie vielleicht auch, warum viele Firmen Werbegeschenke verteilen, die für den täglichen Bedarf nützlich sind:
Einkaufswagenchips oder Kullis sind Alltagsgegenstände, die wir immer mal wieder benötigen und somit das Logo des Unternehmens immer wieder mit uns in „Konversation“ tritt. Demzufolge sind die Chancen wesentlich größer, dass wir uns an jenes Unternehmen erinnern, wenn wir das nächste Mal einen Bedarf haben, den genau jene Unternehmen befriedigen können.
So entstehen Denkgewohnheiten
Die Folge wird sein, dass eben auch jene Bedürfnisbefriedigung zu einer Assoziation führen kann, die das Potenzial besitzt zu einer Gewohnheit zu werden. Klingt kompliziert, ist in der Praxis aber ganz einfach:
Machen wir beispielsweise die Einkäufe unseres täglichen Bedarfes ein paar Mal bei Lidl, sind die Chancen groß, dass wir stets zuerst einmal an Lidl denken, wenn sich Artikel des täglichen Bedarfes zu Ende neigen. Was denken Sie wohin wir dann wahrscheinlich einkaufen gehen? Genau, zu Lidl!
Vielleich ist sich auch schon “Penney” dieser Denkgewohnheit bewusst geworden. Deren Werbespruch “Erst einmal zu Penney” lässt zumindest darauf schließen…
Wird jedoch jene „Assoziation“ nicht dauerhaft in unserem Gedächtnis benötigt, wird sich unser Nervensystem von unnötigen Ballast irgendwann „befreien“. Denn was viele nicht wissen: Während wir schlafen wird in unserem Kopf „aufgeräumt“!
Schlaf als Platzmacher
Die Forscher um Maiken Nedergaard vom University of Rochester Medical Center haben herausgefunden, dass das Reinigungssystem des Gehirns vor allem im Schlaf aktiv wird. Das Nervensystem befreit sich dabei von allem nicht benötigten Ballast.
Der Königsweg der Beeinflussung der Massen ist demnach eine Markenbotschaft so nach außen zu kommunizieren, dass der Konsument gleich bei Entstehen eines Bedarfes, an jenes Unternehmen denkt. Nehmen wir einmal das Beispiel Coca Cola. Wie könnte eine wirksame Werbekampagne von Coca Cola lauten?
So müsste Werbung aus Neuromarketing-Sicht aussehen
Die Werbebotschaft von Coca Cola müsste so aufgebaut sein, dass diese die Assoziation von Coca Cola mit Durst herstellt. Wenn Ihr Unternehmen demnach nicht gerade Produkte vertreibt, die die täglichen Grundbedürfnisse wie Essen oder Trinken befriedigt, ist es oberste Voraussetzung erst einmal seine Zielgruppe genau zu kennen.
Überlegen Sie sich, welchen Primärbedarf Ihrer Zielgruppe Ihr Unternehmen befriedigt. Wenn Sie diesen Bedarf ermittelt haben, sollten Sie die Werbung so aufbauen, dass Verbraucher jenen Bedarf mit Ihrer Firma oder Ihrem Produkt assoziieren. Große Firmen haben hier den großen Vorteil, dass Sie über ein höheres Werbebudget verfügen und so mittels TV- und Radio-Werbung die Produktassoziationen massenkompatibel vermitteln können.
Ungeahnte Potenziale
Demnach verfügen Coca Cola, McDonald´s & Co. über ein enormes Vermarktungspotenzial um Ihre Botschaften ins Bewusstsein der Massen zu pflanzen. Dabei brauchen Sie nicht einmal unterschwellig vorzugehen, Sie müssen es nur so anpacken, dass ihre Kunden gleich bei Entstehen des Bedarfes an ihre Marke bzw. ihre Produkte denken.
Und genau hier hilft Neuromarketing weiter!
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Ullrich Franz
Wenn ich des Abends im ach so schönen Fernsehen bis zu zehn mal mit Werbung zu Damenbinden, dünnem Bier aus Bayern und Windeln bombardiert werde, stellt sich eine Assoziation nach einem Vorschlaghammer bei mir ein. Dazu gesellt sich der unbezwingbare Wunsch mit diesen Hammer den Verantwortlichen für diesen Werbedreck den Scheitel nach zu ziehen.
Christian Esch
Hallo Herr Franz,
danke für Ihre Rückmeldung. Auch eine interessante Assoziation!
Demnach vermute ich, dass Sie weder einen Bedarf nach den drei genannten Produkten haben, noch diesen gegenüber positiv gestimmt sind. 🙂
Viele Grüße
Christian Esch
Ullrich Franz
Hallo Herr Esch,
grundsätzlich habe ich nichts gegen eine seriöse und geschickte Werbung.Es gibt jedoch ein Maß der Dinge, wo Werbung lästig und und perfide wird und eine Aversion erzeugt, die nicht wieder gut zu machen ist. Hier schlägt der Effekt ins Gegenteil um und erzeugt negative Emotionen. Ich wehre mich dagegen ins Heer der willenlos konsumierenden Lemminge deportiert zu werden.
Bei aller Liebe zur Volksmusik, aber auch in der Werbebranche sollten ethische Grundsätze unverzichtbar sein. Was nützt mir ein begrenzter Verkaufserfolg der mit perfiden und subtilen Methoden einen Kunden zum Kauf verführt? Nicht selten kommt der Bummerang und die Menschen wenden sich ab.
Christian Esch
Hallo Herr Franz,
danke für Ihre Rückmeldung. Ich sehe das ähnlich bei den Produkten, die nur durch eine professionelle Verkaufsförderung den Verbraucher zum Kauf verführen, die aber qualitativ schlecht sind und/oder dem Kunden keine Mehrwerte bieten. Dann wird wahrscheinlich der von Ihnen gut beschriebene negative Effekt eintreten.
Wenn es sich um Produkte handelt, die wirklich nützlich sind, die Arbeit erleichtern, Zeit sparen oder gesund sind, lasse ich mich gerne von der Werbung verführen, da ich vielleicht sonst nicht darauf aufmerksam geworden wäre.
Entscheidend wie positiv oder negativ ich einen Artikel wahr nehme ist dann meistens, was nach dem Kauf geschieht.