In den 20er und 30er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts machte ein gewisser Alphonse Gabriel Capone von sich reden. Im Branchenverzeichnis als Antiquitätenhändler geführt, machte er nach außen stets den Eindruck eines seriösen Geschäftsmannes. In Wirklichkeit war Al Capone, wie ihn alle nannten, einer der gefürchtetsten Verbrecher Amerikas. Mit Prostitution, Glücksspiel sowie dem illegalen Verkauf von Alkohol während der Prohibition machte er ein Vermögen.

Neuen Geschäftsmöglichkeiten gegenüber war er nicht abgeneigt und so suchte im Jahr 1926 ein eloquent wirkender Geschäftsmann mit europäischen Akzent namens Graf Victor Lustig jenen Al Capone in Chicago auf. Lustig behauptete, wenn Capone ihm 50.000 Dollar zur Verfügung stelle, könne er diese Summe innerhalb von 60 Tagen verdoppeln.1 50.000 Dollar waren damals enorm viel Geld und entsprechen einem heutigen Wert von 592.500 Dollar.2 Capone, der höchst misstrauisch war, ließ sich auf das Spiel ein, zählte die Scheine fein säuberlich ab und übergab sie Lustig.

Er rechnete entweder mit der Verdoppelung des Geldes oder dem Totalverlust – und dann Gnade Lustig Gott. Lustig nahm das Geld und deponierte es in einem Chicagoer Banksafe. Nach 60 Tagen reiste er wieder nach Chicago, nahm die 50.000 Dollar aus dem Safe und machte sich auf den Weg zu Capone. Dort angekommen teilte er ihm mit großem Bedauern mit, dass sein Plan fehlgeschlagen sei und er versagt habe – und übergab ihm sämtliche 50.000 Dollar zurück.

Capone war auf so viel Ehrlichkeit überhaupt nicht gefasst. Er teilte Lustig mit, dass er wusste, dass Lustig ein Schwindler sei. Dennoch habe er mit allem gerechnet, sowohl positiv als auch negativ, nur nicht damit, den kompletten Betrag wieder zurück zu erhalten. Er gab Lustig für dessen Ehrlichkeit 5.000 Dollar für den Fall, dass er mal in die Klemme geraten sollte…

Menschenkenntnis ist das A und O

Victor Lustig war einer der besten Trickbetrüger jener Zeit. Durch seine enorme Menschenkenntnis und sein außergewöhnlich elegantes Auftreten brachte er seine Schwindeleien bis zur Perfektion. Bekannt wurde er vor allem als der Mann, der den Eiffelturm an einen Schrotthändler verkaufte. So ist es nicht verwunderlich, dass Lustig auf jene 5.000 Dollar von Capone von Anfang an aus war. Wahnsinnig genug dafür war er, denn alles andere außer der Verdoppelung des Betrages hätte seinen sicheren Tod bedeutet.

Er jedoch wusste, in welcher Lage sich Capone befand und wie misstrauisch man als Krimineller jedem Gegenüber ist: Wie dankbar würde Capone dann erst sein, wenn er zur Abwechslung mal einer ehrlichen Haut begegnen würde? Zusätzlich barg dies auch noch die Möglichkeit eine einflussreiche Person möglicherweise zukünftig auf seiner Seite zu haben, was sicher nicht schaden konnte.

Dauerhaft gebracht hatte es ihm zwar wenig, da auch Lustig in Folge seiner zahlreichen Schwindeleien dem Gefängnis nicht entkam – in die Geschichtsbücher ging dieser Coup dennoch ein. Der Legende zufolge soll sich Capone sogar persönlich für den Schutz von Lustig im Gefängnis eingesetzt haben.3

Der Reziprozitätseffekt

Die Geschichte ist ein schönes Beispiel für den Reziprozitätseffekt. Dieser besagt mit anderen Worten: „Ich tue Dir einen Gefallen, da Du mir zukünftig womöglich noch von Gebrauch bist.“ Denn in der Regel wird unser Gegenüber überaus erfreut über unsere zuvorkommende und großzügige Art sein, so dass er den Moment in dem er sich bei uns revanchieren kann, nicht erwarten kann. Geben ist nicht nur in der Bibel seliger als nehmen, sondern auch im wahren Leben.

Wenn wir uns einmal überlegen, warum beispielsweise viele Politiker Sponsoren für Ihren Wahlkampf gewinnen, können wir uns schnell ausmalen, was diese damit bezwecken wollen. Sponsoren erhoffen sich dadurch einen Reziprozitätseffekt. Wenn das Unternehmen dann einmal auf Hilfe aus der Politik angewiesen ist, sind die Chancen besser, dass sich der entsprechende Politiker an die großzügige Unterstützung erinnert und er die Chance zur Revanche nutzt.

Versuchen Sie stets ähnlich zu handeln! Einmal eine wohlkalkulierte Geste der Ehrlichkeit oder ein unerwartetes Geschenk eingesetzt und die wildesten Bestien fressen Ihnen sprichwörtlich aus der Hand. Bedenken Sie, dass sämtliche Betrüger stets Ablenkungen nutzen, um zu ihrem Ziel zu kommen. Beispiele gibt es genug: Taschendiebe rempeln ihre Opfer an, damit ihre Zielpersonen nur das Anrempeln wahrnehmen, nicht jedoch den Griff nach dem Portemonnaie.

Nicht mit Bestechung verwechseln

Oder ein anderes Beispiel aus der Geschichte: Die Trojaner betrachteten, das vor ihren Toren stehende hölzerne Pferd als Geschenk. Ohne zu wissen, dass sich im Inneren des Pferdes griechische Soldaten befanden, nahmen es die Trojaner mit in ihre Stadt. In der Nacht kamen die Soldaten aus dem Bauch des Pferdes, öffneten die bis dahin unüberwindbaren Stadttore Trojas, so dass das griechische Heer hereinströmen konnte und die Griechen den Trojanischen Krieg gewinnen konnten.

Nicht, dass Sie es falsch verstehen: Wir sprechen hier nicht von Bestechung! Bestechung wäre die bewusste Einwirkung auf die Entscheidung eines anderen mit der Erwartung, dass dieser sich bei uns revanchiert. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, dass der Bestochene sich unter Druck gesetzt fühlt oder schlimmstenfalls gar nicht bestochen werden will. Die Stimmungen können hier schnell umschlagen, so dass wir womöglich genau das Gegenteil von dem erreichen, was wir eigentlich damit bezwecken wollten.

Anderen etwas Gutes zu tun, ohne dass diese es erwarten und ohne selbst eine direkte Gegenleistung zu erwarten, ist eine viel subtilere Vorgehensweise. Sie werden feststellen, dass Ihr Gegenüber Ihnen nachhaltiger dankbar sein wird und im Normalfall die nächstbeste Gelegenheit nutzen wird, Ihnen ebenfalls etwas Gutes zu tun – und das auf ganz legalem Wege!

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Einzelnachweise

1. vgl. Greene, Robert: Die 24 Gesetze der Verführung; Carl-Hanser-Verlag, München-Wien 2002, Seite 128 – 130

2. vgl. http://www.wolframalpha.com/input/?i=50000+dollar+1920

3. vgl. Wikipedia: Al Capone unter http://de.wikipedia.org/wiki/Al_Capone

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