Um das Jahr 1480 hatte ein gewisser Christoph Kolumbus die Idee nach einer Westroute nach Ostasien zu suchen. Ostasien war durch Indien und das Kaiserreich China ein wichtiger Handelsplatz für Europa geworden, da wertvolle Güter wie Seide und Gewürze von dort kamen.

Da jedoch ab Mitte des 14. Jahrhunderts sich das Osmanische Reich zwischen Europa und Asien zwängte und somit die Landwege nicht mehr für den freien Handel offen standen, versuchten die Portugiesen dieses Problem zu lösen, in dem sie eine Seeroute nach Asien suchten.

Denkbar ungünstige Voraussetzungen

Kolumbus selbst war der Sohn eines einfachen Webers. Über die Seefahrt wusste er weniger als jeder durchschnittliche Matrose. Weder konnte er die Längen- und Breitengrade bestimmen, noch wusste er den Unterschied zwischen Inseln und Kontinenten. Jedoch hatte er eine Gabe, die alles andere überstrahlte: Er wusste sich zu verkaufen.

Nachdem er sein Dasein einige Jahre als Händler in seiner Heimatstadt Genua fristete, zog es ihn weiter nach Lissabon. In Lissabon angekommen heiratete er sich in eine Familie mit besten Verbindungen zum portugiesischen Königshaus ein. Diese neuen Verbindungen verdankte er eine Audienz beim portugiesischen König Johann II.

Eine Reise ins Ungewisse

Um seine Idee Wirklichkeit werden zu lassen, bat er diesen ihm eine Reise nach Westen zu finanzieren. Er bot dem König an, dass alle auf dieser Expedition gemachten Entdeckungen im Namen seiner Majestät erfolgen würden.

Im Gegenzug forderte Kolumbus den Titel eines Großadmirals zur See, das Amt des Vizekönigs in allen neuentdeckten Ländern sowie zehn Prozent aller Erlöse des künftigen Handels mit den entdeckten Ländern.

Keinerlei Qualifikationen

Kolumbus verhandelte mit dem König ohne, dass er irgendwelche Qualifikationen nachweisen konnte, die ein Gespräch zu diesem Anlass überhaupt rechtfertigen würden – Er hatte noch nicht einmal einen Plan, wie er seine Ziele überhaupt umzusetzen versuchte.

Wie nicht anders zu erwarten, lehnte der König das Gesuch von Kolumbus höflich ab, sagte ihm jedoch auch, dass er generell an dem Unterfangen schon interessiert sei und die Tür hierfür auch weiter offen stehe.

Mut und Kühnheit als Legitimation

Der Anker war ausgeworfen und der König hatte zumindest Interesse. Viel wichtiger für Kolumbus war jedoch, dass der König seine Legitimität nicht angezweifelt hatte. Er hatte ihn weder ausgelacht noch seine Qualifikationen in Frage gestellt.

König Johann II. war sogar beeindruckt, von Kolumbus Kühnheit und seinen Forderungen, was Kolumbus nachhaltig von der Richtigkeit seiner Vorgehensweise überzeugte. Kein Mann kann so verrückt sein, einen so hohen Preis zu verlangen, ohne den Preis auch irgendwie Wert sein zu können.

Was wir daraus lernen können

Das Beispiel des Christoph Kolumbus zeigt uns, wie einfach wir in Verhandlungssituationen einen Anker auswerfen und wie alleine durch die Höhe unserer Forderung unser Verhandlungspartner uns den nötigen Respekt entgegen bringt.

Zwar werden Sie wahrscheinlich nicht all zu oft die Gelegenheit haben, mit einem König zu verhandeln, jedoch ist dieses Prinzip auf alle Arten von Verhandlungen anwendbar.

So könnten Gehaltverhandlungen nach Kolumbus´Taktik aussehen

Stellen Sie sich folgendes vor: Sie befinden sich gerade in einer Gehaltsverhandlung bei Ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber und Sie wissen, dass gute Leute in Ihrem Fachgebiet 50.000 Euro pro Jahr verdienen. Daher ist dies auch Ihr Verhandlungsziel!

Damit Ihr Gegenüber auch noch einen kleinen Verhandlungserfolg auf seiner Seite verbuchen kann, kalkulieren wir einen Betrag in Höhe von 57.000  Euro als Erstforderung ein.

Das suggeriert unserem Gegenüber zum einen, dass wir uns bewusst sind, was wir wert sind und zum anderen auch, dass wir demnach eine qualifizierte Fachkraft sein müssten, da wir ja ansonsten kaum so dreist wären, eine solche Forderung in den Raum zu stellen.

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance

Wenn unser Auftreten jetzt in dieses Erscheinungsbild passt, welches unser Verhandlungspartner von uns hat, haben wir schon einen großen Vorteil auf unserer Seite, denn das erste Angebot, dass offen von den Verhandlungspartnern ausgesprochen wird, dient als Anker und beeinflusst den kompletten weiteren Verlauf der Verhandlungen. Im oben genannten Beispiel dienen die 57.000 Euro als Anker.

Es ist die erste offen kommunizierte Zahl und diese wird den kompletten Gesprächsverlauf beeinflussen. In Studien wurde bezüglich des Ankereffektes festgestellt, dass eine höhere Ausgangszahl gewöhnlich auch zu einem höheren Gehalt führt. Umgekehrt gilt auch, je niedriger der Arbeitgeber in die Gehaltsrunde einsteigt, umso niedriger wird auch das endgültige Gehalt sein.

Auch im Privatleben anwendbar

Ähnlich verhält es sich auch bei allen Arten von Verhandlungen. Ob Sie eine Immobilie, ein Auto oder ein antikes Möbelstück verkaufen oder einfach nur mit Ihrem Ehepartner darüber sprechen, wann Sie heute nach Hause kommen, mit der zuerst genannten Zahl setzen Sie stets eine erste Duftmarke, die den kompletten weiteren Verhandlungserfolg bestimmt.

Mal angenommen, Sie haben unregelmäßige Arbeitszeiten und gerade sehr viel auf der Arbeit zu erledigen: Ihr Ehepartner fragt Sie, wann Sie heute nach Hause kommen. Sie sagen „19 Uhr“ und haben damit bereits einen Anker gesetzt. Ihr Ehepartner antwortet „Schon wieder so spät!“

So würde Kolumbus Taktik bei Verhandlungen mit dem Ehepartner aussehen

Sie entgegnen „Na gut, Schatz! Ich gebe alles, dass ich schon um 18:30 Uhr zu Hause bin!“. Das stellt Ihren Partner erstmal zufrieden, weil wir ihm den Gefallen getan haben, ein kleines Erfolgserlebnis für sich zu verbuchen. Selbst, wenn wir erst um 18:45 Uhr zu Hause wären, wäre er uns möglicherweise nicht sauer.

Hätte Ihr Partner beispielsweise das erste Angebot gemacht und gefragt, ob Sie es schaffen um 18 Uhr zu Hause zu sein, wäre der Anker „18 Uhr“ gewesen. Die Folge ist, dass Sie es sich dreimal überlegen werden, ob Sie jetzt als Ihre voraussichtliche Ankunftszeit „19 Uhr“ antworten, da Ihr Partner dann womöglich nicht so begeistert reagiert.

Vorsicht vor unbewussten Ankern

Sie sehen, dass auch unser Alltag durch Ankereffekte bestimmt wird. Blöd ist nur, dass uns oftmals gar nicht bewusst ist, dass wir Anker setzen. Denn diese setzen wir oftmals mit ganz banalen Aussagen.

Ein Beispiel: Ihre Großmutter hat morgen Geburtstag. Leider schaffen Sie es nicht, ihr persönlich zu gratulieren, daher rufen Sie sie morgen an und gratulieren ganz artig. Gleichzeitig sagen Sie ihr, „dass Sie am Wochenende mal vorbei kommen“. Schon haben Sie bei Ihrer Großmutter einen Anker gesetzt.

Unverbindlich Bleiben um Anker zu vermeiden

Sie wird sich merken, dass Sie am Wochenende vorbei kommen wollen, obwohl es für Sie vielleicht noch gar nicht so sicher ist, dass Sie das überhaupt schaffen. Mit jeder Aussage, die wir tätigen, setzen wir bei unseren Gesprächspartnern Anker. Daher sollten wir uns sehr genau überlegen, was wir zu anderen sagen.

Im Beispiel mit der Oma sollten wir beispielsweise sagen, „dass wir vorbeikommen, wenn wir mal wieder in der Nähe sind oder es die Zeit zu lässt“. In diesem Fall klingt die Aussage wesentlich unverbindlicher, da wir keinen konkreten Zeitpunkt nennen, den sich unser Gesprächspartner „ankern“ kann.

Ankereffekte verzerren Expertenurteile

Ankereffekte verzerren sogar die Urteile von langjährigen Berufsexperten und können auch zufällig zu Stande kommen: Im Jahr 2006 veröffentlichte die Sozialpsychologin Birte Englich von der Universität Köln ein interessantes Experiment bezüglich des Ankereffektes:

Sie ließ erfahrene Richter würfeln und im Anschluss daran sollten diese ein angemessenes Strafmaß für ein fiktives Verbrechen festlegen. Auffällig daran war, dass eine höher gewürfelte Augenzahl zu härteren Strafen führte.

Studien belegen Ankereffekte

Ähnlich erging es auch Immobilienmaklern, die den Wert einer Immobilie beurteilen sollten: Die erste Zahl war stets entscheidend für die Höhe des Endpreises. Daher sollte es stets Ihre oberste Priorität sein, als erster eine Zahl auf den Tisch zu legen. Mittlerweile gibt es mehr als 25 wissenschaftliche Studien, die beweisen, dass dies zu einem höheren Endpreis führt.

Ob in Gehaltsverhandlungen, beim Immobilien- und Autokauf oder selbst beim Kauf von antikem Mobiliar, ein ehrgeiziger hoher Erstvorschlag führte stets zu einem höheren Endresultat.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch: “Ankereffekte – 7 Tricks, wie Sie alle Arten von Verhandlungen zu Ihren Gunsten beeinflussen”. Mehr Infos zu Ankereffekten und wie Sie damit alle Arten von Verhandlungen zu Ihren Gunsten beeinflussen können, finden Sie hier!

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