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Mindfulness

Der „Zeigarnik-Effekt“ oder warum uns bewusste Entscheidungen glücklicher machen

Wie uns Entscheidungen entspannter machen

Rückblende: Wir befinden uns im Berlin der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Der junge Privatdozent Kurt Lewin, der Jahre später als einer der berühmtesten Verhaltenspsychologen in die Annalen eingeht, trifft sich regelmäßig mit seinen Studenten im Café.

Als an jenem Tag der Kellner bei Lewin die Rechnung kassiert hat, wendet sich Lewin Minuten später noch einmal kurz zu ihm rüber und fragt nach „Was haben wir heute bestellt?“. Wie von Lewin erwartet, wusste der Kellner nicht mehr, was Lewin´s Gruppe bestellt hatte…

Doktorarbeit als Ursprung

Weniger später greift eine seiner Studentinnen namens Bljuma Zeigarnik dieses Thema für Ihre Doktorarbeit auf. In einem Experiment für diese Arbeit ließ sie 164 Probanden verschiedene Aufgaben lösen. Einige der Aufgaben durften die Probanden beenden, bei anderen unterbrach Zeigarnik sie mittendrin.

Im Anschluss prüfte Zeigarnik, an wie viele Aufgaben sich die Teilnehmer noch erinnern konnten. Im Ergebnis blieben unerledigte Dinge bis zu 90 Prozent besser im Gedächtnis der Teilnehmer haften, als abgeschlossene Aufgaben – und das unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad der Teilnehmer. Die Ergebnisse sind seitdem unter der Bezeichnung „Zeigarnik-Effekt“ bekannt.

Innere Anspannung als Ursache

Der Zeigarnik-Effekt ist ein psychologisches Phänomen, der besagt, dass wir uns an abgeschlossene Aufgaben weniger gut erinnern als an unterbrochene Aufgaben. Kurt Lewin erklärte das damit, dass unerledigte Aufgaben innere Spannungen aufbauen, die erst mit Ihrem Abschluss abgebaut werden.

Mit anderen Worten: So lange eine Aufgabe noch nicht abgeschlossen ist, ist der Kopf auch noch nicht frei. Oder fragen Sie mal bei den Produzenten der Fernsehserien dieser Welt, warum gerade dann immer Ende ist, wenn es gerade am spannendsten ist…

Die Folgen für unseren Alltag

Auf unseren Alltag bezogen bedeutet dies, so viele Dinge wie möglich aus unserem Kopf zu bekommen, damit wir entspannter und weniger gestresst sind. Folgende Möglichkeit haben wir dafür:

1.) Treffe Entscheidungen umgehend

Haben Sie zufällig schon einmal die Erfahrung gemacht, eine wichtige Entscheidung endgültig getroffen zu haben, so dass es kein zurück mehr gab?! Dann werden Sie möglicherweise festgestellt haben, dass sich das in Ihrem Kopf merkwürdig angenehm angefühlt, da Sie nicht mehr hin- und hergerissen waren und plötzlich mehr Zeit für andere Dinge hatten.

Diese plötzliche innere Ruhe ist kein Zufall! Die Hirnforschung zeigt, dass das Treffen von Entscheidungen Ärger und Sorgen reduziert – so gut wie das Lösen von Problemen. Der Forscher Alex Korb beschreibt es in seinem Buch „The Upward Spiral“ folgendermaßen:

„Das Treffen von Entscheidungen beinhaltet seine Absichten und Ziele zu erklären und alle 3 Dinge sind Teile des selben neuronalen Schaltkreises und beeinflussen unseren Denken auf positive Weise, indem es Angstgefühle und Sorgen reduziert. Das Treffen von Entscheidungen hilft uns negative Gefühle zu überwinden.“

Mit anderen Worten: In dem wir Entscheidungen treffen, verändern wir unsere Wahrnehmung von der Welt um uns herum. Wir neigen dann eher dazu Lösungen für unsere Probleme zu finden und beruhigen damit unsere Emotionen, so dass Ängste und Sorgen gar nicht erst entstehen können.

2.) Schreibe Deine Gedanken auf

Ein jeder kennt vielleicht die innere Anspannung, wenn wir etwas dringendes erledigen wollen oder sollen, dies aber just in dem Moment nicht können, weil wir gerade mit etwas anderem beschäftigt sind. Der eine oder andere wird sich womöglich schon einmal bei dem Gedanken ertappt haben, „dieses dringende Ansinnen bloß nicht zu vergessen“.

Dieser Gedanke fühlt sich dann ziemlich schlecht an, da wir die ganze Zeit unter Anspannung stehen bis wir dieses Ansinnen in die Realität umgesetzt haben. Da wir nicht alle Aufgaben, die uns in den Sinn kommen, gleich erledigen können, empfiehlt es sich beispielsweise eine To-do-Liste zu führen, damit wir die wichtigen Aufgaben nicht in der Hektik des Alltages vergessen.

Gegen die Hektik des Alltages

Der angenehme Nebeneffekt der To-do-Liste ist, dass wir den Kopf frei bekommen für andere Dinge. Sie werden wahrscheinlich feststellen, dass Sie nicht nur entspannter sind, sondern plötzlich auch kreativer sind, da Sie den Kopf dafür im wahrsten Sinne des Wortes frei haben.

Bedenken Sie stets: Alles was im Kopf bleibt oder bleiben muss, sorgt für Anspannung. Alles was Sie raus aus dem Kopf bekommen, sorgt für Entspannung.

Das gilt nicht nur für Aufgaben, sondern auch für Ängste und Sorgen. Genauso wie es „befreiend ist“, wenn Sie mit jemandem über Ihre Sorgen sprechen, so befreit es auch, wenn Sie diese Gedanken zu Papier bringen. Auch hier macht sich der Zeigarnik-Effekt bemerkbar und Sie werden feststellen, dass auch dies plötzlich aufkeimende negative Gedanken reduziert.

3.) Mache Dinge für die Du Dich aktiv entscheidest

Sich aktiv für eine Sache zu entscheiden sorgt für Motivation, wohingegen das einfache „aufgetragen bekommen“ einer Aufgabe, demotivierend wirkt.

Gerade für Führungskräfte ist dieser Punkt interessant: Sie haben Mitarbeiter „Müller“ und möchten, dass dieser eine spezielle Aufgabe erledigt. Dann sagen Sie ihm nicht, dass er diese Aufgabe erledigen soll, sondern fragen ihn welche Aufgabe er erledigen mag. Diese Aufgabe oder eine weniger motivierende Aufgabe…

Dopamin als Motivator

Wie wir in Punkt 1 bereits gesehen haben, reduzieren Entscheidungen Ängste und Sorgen. Gleichzeitig motivieren sie uns auch, wenn wir diese selbst aktiv treffen. Sich aktiv für eine Aufgabe zu entscheiden sorgt beim Entscheider dafür, dass mehr vom „Glückshormon“ Dopamin freigesetzt wird und er sich mit seiner bewussten Entscheidung mehr identifiziert.

Mit anderen Worten: Wir wählen nicht die Dinge, die wir mögen – wir mögen vielmehr die Dinge, die wir wählen!

Selbst bei einem Experiment mit Ratten kamen Forscher zu diesem Ergebnis. Dabei gaben die Forscher zwei Ratten jeweils eine Injektion Kokain. Ratte 1 musste hierfür jedoch zuerst einen Hebel ziehen, während Ratte 2 hierfür überhaupt nichts tun musste. Im Ergebnis zeigte sich, dass bei Ratte 1 eine wesentlich höhere Dosis Dopamin freigesetzt wurde, als bei Ratte 2.

Ziele als Antrieb nehmen

Um wieder zu uns Menschen zu kommen, bedeutet dies: Wenn Sie nur ins Fitness-Studio gehen, weil Ihre Freunde ebenfalls dorthin gehen, Sie aber eigentlich darauf gar keine Lust haben, werden sie mit dieser Entscheidung mittelfristig nur wenig Freude haben. Das Trainieren wird dann eher Stress für Sie sein als alles andere und das ist keine gute Grundlage um aus dem regelmäßigen Trainieren eine gute Gewohnheit zu machen.

Gehen Sie jedoch trainieren, weil Sie ein Ziel vor Augen haben und einfach durchtrainierter aussehen möchten, werden Sie mit einer ganz anderen Motivation diese Übungen absolvieren – Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden werden es Ihnen danken!

Ein weiterer schöner Nebeneffekt ist, dass durch diese 3 Techniken das Burn-Out-Risiko in erheblichem Maße sinkt! Denn wenn wir uns erst einmal bewusster werden, wie wir uns durch unerledigte Aufgaben oder Entscheidungen selbst dauerhaft unter Druck setzen, wissen wir jetzt auch was zu tun ist, um den Kopf wieder frei zu bekommen.

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Einzelnachweis:

Barker, Eric: New Neuroscience Reveals 4 Rituals That Will Make You Happy; unter http://www.bakadesuyo.com/2015/09/make-you-happy-2/?utm_source=%22Barking+Up+The+Wrong+Tree%22+Weekly+Newsletter&utm_campaign=62152cc01c-neuro_09_20_2015&utm_medium=email&utm_term=0_78d4c08a64-62152cc01c-56493009

Korb, Alex: The Upward Spiral: Using Neuroscience to Reverse the Course of Depression, One Small Change at a Time; New Harbinger Publishing, Oakland, 2015

Mai, Jochen: Der Zeigarnik-Effekt – Nutzen Sie ihn schon; vom 06.11.2011 unter http://karrierebibel.de/zeigarnik-effekt/

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  1. Hallo Enno,

    danke für Deine Rückmeldung. Das sind interessante Beispiele, die Du nennst:

    Beim Mailen ist es wichtig, die Antwort nicht aufzuschieben. Ansonsten besteht die Gefahr es zu vergessen oder dass man die ganze Zeit unter Anspannung steht. Durch die Rückfrage ist die Gegenseite am Zug ist. Meldet sie sich nicht mehr, hat sich das Thema erledigt.

    Die Gefahr beim Delegieren sehe ich genauso. Hier wäre es wichtig, dass man die delegierte Aufgabe für Datum x auf Wiedervorlage legt. Dann hat man die Aufgabe aus dem Kopf, wird aber dennnoch zu einem bestimmten Zeitpunkt an das Thema erinnert.

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