Montag, 05 Oktober 2015 08:00

Warum Guardiola bei den Schiedsrichtern trotz Kritik beliebter ist als alle anderen Trainer

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Erfahren Sie, was Guardiola besser macht als alle Trainerkollegen Erfahren Sie, was Guardiola besser macht als alle Trainerkollegen Maxisport // shutterstock.com

Es ist etwas über eine Woche her, da beschwerte sich der Trainer des Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim, Markus Gisdol, dass Bayerns Trainer Pep Guardiola einen Bonus bei den Schiedsrichtern habe. Während andere Trainer nach Schiedsrichter-Kritik direkt auf die Tribüne geschickt würden, hätten die Schiedsrichter mit Guardiola wesentlich mehr Geduld.

Aus diesem Grund schauen wir einmal, wie Guardiolas Kritik sich von der Kritik seiner Kollegen unterscheidet und was die Wissenschaft dazu sagt. Dabei ist uns vor allen Dingen ein Kriterium aufgefallen, dass Guardiola von allen anderen Trainern unterscheidet. Guardiola sucht häufig den Körperkontakt!

Sie haben richtig gelesen! Guardiola brüllt selten den Schiedsrichter in direkter Weise an, sondern unterstützt häufig seine verbale Kritik in Form von Berührungen. Wenn der 4. Offizielle ihn beispielsweise in seiner Coachingzone ermahnt, hat der Katalane kein Problem damit einfach auf ihn zu zu gehen, ihm auf die Schulter zu klopfen, die Hand zu geben oder ihn zu umarmen.

Warum macht Guardiola das?

Das lässt sich nicht hinreichend beurteilen, Fakt ist jedoch, dass Kritik und Ablehnung, wie viele Schiedsrichter sie erfahren, im menschlichen Gehirn Stress verursachen. Dieser Stress wiederum sorgt dafür, dass wir zu mehr Impulsivität neigen und der erste Gedanke, der uns dann überkommt, ist Rache! Mit anderen Worten: „Ab auf die Tribüne mit dem Schreihals von Trainer!“

Jeder Mensch sehnt sich nach Anerkennung und Akzeptanz. Dieses menschliche Bedürfnis stammt noch aus den Urzeiten und hat bis heute überdauert. Aus der Gruppe ausgegrenzt zu sein, war damals einem Todesurteil gleichzusetzen. Nur in der Gruppe waren die Überlebenschancen gut.

Das Gefühl von Geborgenheit sorgt für die Ausschüttung des Hormons Oxytocin, welches wiederum dafür verantwortlich ist, dass unser Glücksniveau steigt und gleichzeitig unser Stresspegel fällt.

Sie fragen sich jetzt vielleicht, was hat das alles mit Schiedsrichter-Entscheidungen zu tun?

Forscher haben herausgefunden, dass Berührungen einen ähnlichen Effekt haben -  und genau hier schließt sich der Kreis: Kleine Berührungen wie Händeschütteln, ein Klaps auf den Rücken oder Umarmungen reichen aus, um unseren Oxytocin-Spiegel zu erhöhen und wir uns folglich besser fühlen.

Jenes Oxytocin reduziert darüber hinaus die Aktivität der Amygdala. Das Amywas..? Die Amygdala ist das Angstzentrum unseres Gehirns, sie reagiert immer dann stark, wenn wir Ängste, Sorgen oder Stress haben.

Berührungen suggerieren Vertrautheit

Normalerweise werden wir nur von Menschen berührt, die uns näher stehen, zum Beispiel Familienangehörigen oder unserem Partner. Diese Form von Kontakt suggeriert unserem Unterbewusstsein daher auch mehr Vertrautheit. Studien belegen, dass Kellner beispielsweise mehr Trinkgeld erhalten, wenn Sie den Gast in irgendeiner Form berühren.

Die Macht von Berührungen funktioniert auch in anderen Disziplinen: Der französische Psychologe Nicolas Guéguen ließ seine Forschungsassistenten 240 Frauen auf offener Straße ansprechen und sich nach deren Telefonnummer erkundigen - dabei wurde die Hälfte von Ihnen leicht berührt. 19% von diesen rückten ihre Rufnummer raus, wohingegen von der anderen Hälfte lediglich 10% ihre Telefonnummer raus rückten.

Guardiola´s Trojanisches Pferd

Angesichts dieser Fakten sehen Sie Guardiolas Schiedsrichter-Schelte im Vergleich zu der Kritik anderer Trainer jetzt vielleicht mit anderen Augen: Demnach schafft es Guardiola seine Kritik wie ein Trojanisches Pferd zu verpacken. Er äußert Kritik, gibt aber den Schiedsrichtern durch Berührungen das Gefühl, dass er Sie dennoch mag.

Während andere Trainer wie Rumpelstilzchen an der Seite toben und dem Schiedsrichter „Jähzorn“ und das „urzeitliche Ausschließen aus der Gruppe“ signalisieren und dann die geballte Ladung „Stress“ vom Schiedsrichter als Antwort erhalten, schafft es Guardiola seine Kritik so zu verpacken, dass er dem Schiedsrichter dennoch vertraut erscheint.

«Guter Rat: Pack Kritik in weiche Daunen und das Ergebnis macht dich staunen»
Wolfgang Lörzer, Deutscher Autor

Und jetzt überlegen Sie einmal, ob Sie Menschen böse sein können, von denen Sie wissen, dass Sie ihnen sympathisch sind. Können Sie solche Menschen bestrafen?! Solchen Menschen sind wir wesentlich nachsichtiger als Menschen, die uns beschimpfen und von denen wir glauben, dass Sie uns schlechtes wollen.

Und falls Sie nicht der Typ für Berührungen sind, machen Sie es einfach wie der ehemalige Kulttrainer von Fortuna Düsseldorf, Aleksandr Ristic: Dieser schenkte dem Schiedsrichtergespann vor jedem Spiel Bonbons.

Die Alternative: Der Reziprozitätseffekt

In der Hoffnung des Reziprozitätseffekt, der besagt, dass ein Geschenk ein ungutes Gefühl dem Beschenkten suggeriert, da dieser in den meisten Fällen glaubt, sich unbedingt revanchieren zu müssen, werden jene Schiedsrichtergespanne in der Regel wesentlich mehr Geduld mit dem entsprechenden Trainer haben.

Das interessante am Reziprozitätseffekt ist, das dieser sogar funktioniert, wenn sich die beiden Parteien (Beschenkter und Schenkender) nicht sympathisch sind. Forschungen belegen, dass sich der Beschenkte auch dann revanchieren möchte, wenn der Schenkende ihm unsymapthisch erscheint.

Der Ton macht die Musik


Wenn Sie sich, liebe Trainer, demnach das nächste Mal mit dem Schiedsrichter anlegen wollen, dann überlegen Sie sich besser vorher, wie Sie diese Kritik verpacken sollten. Bekanntlich macht der Ton die Musik und wenn schon der Ton rauh ist, dann sollte wenigstens seine Verpackung freundlich sein.

Fragen Sie mal bei Pep Guardiola oder Aleksandr Ristic…!

 

 

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