„Das wichtigste ist nicht, wie gut ich bin. Das Wichtigste ist, wie ich meine Ideen vermittle. Ich mag es, meine Spieler zu überzeugen, sie zu unterstützen in ihren Qualitäten. Das ist mein Ziel, deswegen bin ich hier.“1
Pep Guardiola
Der Unterschied zwischen einem guten Trainer und einem durchschnittlichen Trainer zeigt sich immer dann am augenscheinlichsten, wenn der Erfolg ausbleibt. In erfolgreichen Zeiten läuft vieles wie von selbst, wenn jedoch der Erfolg ausbleibt, neigen viele Trainer zu voreiligem Aktionismus. Negative Emotionen, Destruktive Kritik und Verallgemeinerungen sind häufige Formen der Aufarbeitung von negativen Phasen und dabei alles andere als leistungsförderlich.
Positive vs. negative Trainingsatmosphäre
Ist daher tatsächlich ein positiver Effekt zu erwarten, in dem Trainer ihre Spieler ständig auf Schwächen und Fehler aufmerksam machen statt weiter an den Stärken zu trainieren? Verlieren Sportler vielleicht sogar an Selbstvertrauen, wenn man sie an ihre Schwächen erinnert, so dass diese sich der Schwächen mehr bewusst werden? Und geht es nicht vielmehr darum, einfach nur optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich Spieler zur Höchstleistung entwickeln können?
In Ihrem Buch „Make them go“ geben die beiden Sportwissenschaftler Hans-Dieter Hermann, seit 2004 Sportpsychologe bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft sowie zahlreichen anderen Spitzensportlern und Führungskräften in global tätigen Unternehmen sowie Jan Mayer, Sportpsychologe bei 1899 Hoffenheim und Koordinator der sportpsychologischen Betreuung beim deutschen olympischen Sportbund, Einblicke worauf es tatsächlich ankommt.
Aus diesem Buch sowie einigen anderen haben wir die sieben Erfolgsgeheimnisse der Weltklassetrainer zusammengestellt:
1. Jeder Nachteil muss einen Vorteil haben
„Ich bin kein Erfolgstrainer, sondern ein Leistungstrainer. Einen Kardinalfehler begeht jeder, der unterwegs zu viel an den Erfolg denkt und dabei die Leistung aus dem Blick verliert. Ich mache es umgekehrt und kümmere mich wenig um den Erfolg.“2
Markus Weise, dreifacher Goldmedaillengewinner bei Olympia mit der deutschen Damen- sowie Herren-Hockey-Nationalmannschaft
Die Einstellung, dass jeder Nachteil eines Spielers gleichzeitig eine besondere Fähigkeit zu Tage fördert übernahm Pep Guardiola von seinem Mentor Johann Cruyff. Cruyff sagte sich, wenn Spieler xy beispielsweise physisch schwach ist, dann muss er spielintelligent sein, ansonsten könnte er es mit seiner schwachen Physis nicht bis zu jenem Punkt gebracht haben.
Dementsprechend legte er ein besonderes Augenmerk auf die Stärken seiner Kicker! "Wenn Cruyff nicht so revolutionär gedacht hätte", sagt Guardiola rückblickend, "wäre aus mir nicht mehr als ein durchschnittlicher Drittliga-Kicker geworden."3
Das Gute im Schwachen finden
Fragen Sie in der Bundesliga einmal die Nationalspieler Karim Bellarabi und Ilkay Gündogan: Während Bellarabi im C-Jugend-Alter bei Werder Bremen auf Grund seiner schwachen Physis aussortiert wurde, musste Gündogan als E-Junior Schalke 04 verlassen, weil er zu langsam war. Heute haben beide Vereine die Quittung, denn während Bellarabi ein exzellenter Dribbler wurde, genießt Gündogan höchste Wertschätzung für seine Spielintelligenz.
Taktiktraining und Spielvorbereitung eines Trainers können noch so professionell sein - wenn der Trainer nicht die richtigen Worte findet um seine Spieler zu erreichen, wird er weder seine Mannschaft weiter entwickeln noch motivieren können. Es kommt daher stark auf seine grundlegende Einstellung an.
Niederlagen gehören zum Entwicklungsprozess
Das Ziel muss darin liegen, die Spieler mit jedem Training ein Stück weiter zu entwickeln und zu diesem Entwicklungsprozess gehören neben dem Verständnis für die eigenen Spieler auch der Umgang mit Niederlagen. Uwe Krupp, einer der erfolgreichsten deutschen Eishockey-Trainer äußert sich dazu wie folgt:
„Es ist intern wichtig für uns, so sachlich wie möglich zu bleiben. Wenn wir verlieren, ist nicht alles schlecht. Wenn wir gewinnen, ist nicht alles gut. Wir bewerten unsere Arbeit nicht allein daran, wie viele Spiele wir gewonnen oder verloren haben. Wir schauen insgesamt, ob uns die Arbeit gelungen ist und wir einen guten Job gemacht haben.“ Und ein guten Job machen Trainer, wenn sich die Spieler verbessern und ihre Höchstleistung abrufen.4
Bereitschaft zum Lernen wichtiger als Siege
Guardiola, der zunächst die zweite Mannschaft des FC Barcelona trainierte bevor er das A-Team übernahm, schenkte jedem Spieler zum Einstieg das Buch "Die Kunst zu verlieren" von David Trueba, in dem es darum geht, wie man kunstvoll scheitern und wieder aufstehen kann. Damit zeigte er seinen Spielern gleichzeitig, dass Niederlagen zum Entwicklungsprozess dazu gehören.
Beim FC Barcelona wird die Philosophie, dass die Bereitschaft zum Lernen wichtiger als jeder Sieg ist, bereits in den Jugendmannschaften den Spielern eingetrichtert.5
2. Jeder Spieler muss sich wichtig fühlen
„Das Gefühl, erwünscht zu sein und gebraucht zu werden, ist das Wichtigste in unserem Leben. Das gilt für die Menschen um uns herum ebenso wie für einen Club. Sie sollen dir zeigen, dass sie dich wollen, und du brauchst die Vorstellung, dass du dort Spaß haben wirst.“6
Pep Guardiola
Erfolgreiche Trainer schaffen es, eine Verbindung zu jedem einzelnen Spieler des Teams aufzubauen und suggerieren jedem einzelnen damit, dass er wichtig ist. Gerade das Zuhören ist eine wichtige Eigenschaft von Erfolgstrainern. Der spanische Erfolgstrainer Vicente De Bosque beschreibt sich beispielsweise selbst als emotionalen Anführer, dessen größte Eigenschaft das Zuhören ist.
Große Trainer sind oft keine großen Redner, sondern große Zuhörer. Jupp Heynckes, Pep Guardiola, Vicente del Bosque und wie sie alle heißen, sind Persönlichkeiten, die eine Atmosphäre schaffen, in der die Spieler sich öffnen. Ralf Rangnick gilt ebenfalls als ein "Meister des Zuhörens". Viele jener Spieler die sich zu einem Wechsel zu einem von Rangnick betreuten Verein entschlossen, beschrieben das Gefühl verstanden zu werden als entscheidenden Faktor für ihren Wechsel.7
"Der Zuhörer ist ein schweigender Schmeichler."
Immanuel Kant, 1724-1804, deutscher Philosoph
Was sich einfach anhört, ist eine komplexe Eigenschaft, die sich nur durch viel Übung erlernen lässt. Der Grund: Menschen hören selektiv, das heißt, sie hören nur das, was sie hören möchten und was zu den von ihnen generierten Geschichten passt. Was nicht in die eigene Konstruktion passt, wird schnell überhört. Um daher einen Menschen auch wirklich erreichen zu können, müssen Trainer lernen, die Sprache der Spieler zu verstehen.
Der Mensch steht im Mittelpunkt
Dazu meint Jürgen Klopp: „Ich habe jeden Tag mit den Spielern zu tun, ich spreche ganz viel mit denen, weiß sehr viel von ihnen, kenne ihre Familienverhältnisse, weiß, wo sie herkommen, warum sie den Weg eingeschlagen haben und was sie erlebt haben. Ich habe sehr große Freude daran, dass sich die Jungs nicht nur als Spieler, sondern auch als Menschen entfalten können. Ich versuche, jeden so gut kennenzulernen, dass ich sicher bin, ihn nicht zu überfordern mit dem, was wir machen.“8
Oder nehmen wir Pep Guardiola, der dazu meint, dass es schlimmer sei über Monate nicht richtig mit einem Spieler zu kommunizieren als einen Titel zu verpassen. Seiner Meinung nach müsse sich ein Trainer zu 30 Prozent mit dem Sport beschäftigen und zu 70 Prozent mit den Umständen, die die Mannschaft beeinflussen.9
Womit wir gleichzeitig beim nächsten Punkt wären:
3. Unkontrollierte Umwelteinflüsse vermeiden
"Viele Köche verderben den Brei!"
deutsche Redewendung
Mit anderen Worten: Ein Trainer kann psychologisch und taktisch noch so gut sein, jedoch: Was nützt dies alles, wenn seine Co-Trainer oder sein Betreuer-Stab nicht ähnlich gut sind! Dann können jene eigentlich als Unterstützung und Entlastung fungierende Personen ganz schnell das Gegenteil von dem bewirken, was sie eigentlich sollen!
Vom ehemaligen Trainer der Frankfurter Eintracht, Horst Ehrmanntraut, gibt es die Anekdote, dass er 1997 seinen damaligen Co-Trainer Bernhard Lippert aus der Kabine geschmissen hatte, da dieser eine „negative Aura und Energie“ verbreitete. Was sich nach esoterischem Getöse anhört und von der Presse anschließend als "fauler Zauber" hochgepuscht wurde, ist ein durchaus bekanntes Phänomen, was unter dem Begriff des „Priming“ bekannt ist.
Auf die richtigen Worte kommt es an
In Ihrem Buch "Let them go" berichten die Autoren Hermann und Mayer beispielsweise von einer Skifahrerin, die sich gerade auf ein Abfahrtsrennen vorbereitet. Ihre letzten Rennen liefen nicht gut, sie war sogar mehrmals gestürzt. Kurz vor dem Rennen verabschiedet sie ihr Betreuer mit den eigentlich gut gemeinten Worten, "dass sie dieses Mal nicht wie ein Angsthase fahren soll…"
Das ist genauso, wie wenn Sie gerade zu einem Klassentreffen gehen, sich toll fühlen und dort angekommen als erstes zu hören bekommen „Du hast aber zugenommen!“ oder „Du siehst heute aber schlecht aus!“. Na, wie kommt das bei Ihnen an?
Wahrscheinlich wird es Ihnen wie den meisten anderen ergehen und sich ziemlich mies anfühlen. Ähnlich mies fühlte es sich auch für die angesprochene Skiläuferin an, denn sie kam den Tränen nahe mit über 5 Sekunden Rückstand im Ziel an. Ihr Betreuer meinte hinterher darauf angesprochen nur, dass er sie damit motivieren wollte…
Jeder Empfänger assoziiert Worte mit Bildern
Was also hat es mit diesem „Priming“ auf sich? Unter Priming versteht man die Beeinflussung durch einen Reiz (z. B. „Du siehst heute aber schlecht aus!“) der unbewusst einen nachfolgenden Reiz (z. B. Sie fühlen sich danach schlecht) führt. In einem weltbekannten Experiment des US-Psychologen John A. Bargh wurden jene Priming-Effekte genauer untersucht. Dabei sollten Versuchspersonen aus vier von fünf vorgegebenen Wörtern Sätze bilden und danach in einen Raum am Ende eines längeren Korridors gehen.
In Wirklichkeit hat Bargh die Zeit gemessen, die jene Probanden benötigten um durch den Korridor zu gehen. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass die Teilnehmer, die Sätze mit Wörtern wie „Vergesslichkeit, Gebrechlichkeit, grauhaarig oder faltig", also Wörtern, die mit älteren Menschen in Verbindung gebracht werden, deutlich mehr Zeit benötigten als die Kontrollgruppe.10
Dadurch kamen die Forscher zu der bahnbrechenden Erkenntnis, dass sich alleine durch das Sich-Beschäftigen mit bestimmten Wörtern das Verhalten von Menschen beeinflussen lässt - ohne dass dies jenen Menschen überhaupt bewusst ist. Jene Priming-Effekte bestätigten sich in zahlreichenden Folge-Experimenten und sind daher für Trainer eine nicht zu verachtende Leistungsvariable.
Wichtig sind positive Reize
Folglich sollten sich Trainer genau überlegen, wie sie ihre Spieler ansprechen. Aussagen wie „Beim Spiel letzte Woche warst Du schlecht, heute will ich eine bessere Leistung sehen!“ oder „Wir haben ein mentales Problem bei engen Spielen!“, sind demnach kontraproduktiv, weil sie beim Spieler einen negativen Reiz auslösen.
Nichts ist lähmender für eine gute Leistung, als die Angst vor Fehlern! Gerade bei Sportlern stellt man dies immer wieder fest. Sobald diese einen negativen Lauf haben, beginnen sie nachzudenken und ihre Spielweise auf das Vermeiden von Fehlern zu begrenzen. Die Folge sind noch mehr Fehler. Erinnern Sie Ihre Spieler viel eher an ihre Glanzleistungen, um positive Reize zu stimulieren. Ihre Spieler werden es Ihnen danken!
Vor dem Champions-League-Finale 2009 motivierte Guardiola seine Spieler beispielsweise auf ganz besondere Weise: Er zeigte den Spielern Videoaufnahmen von ihren Glanzleistungen, untermalt mit der Musik aus Ridley Scott monumentalem Meisterwerk" Gladiator". Das Ergebnis ist bekannt, der FC Barcelona schlug Manchester United mit 2:0.
4. Spielern während dem Spiel Entscheidungsfreiheit lassen
„Ich habe null Komma null Tendenzen, meinen Einfluss auf die Geschichte zu überschätzen. Ich empfinde es als meine Aufgabe, den Jungs den Raum zu geben, sich entfalten zu können, und für eine Atmosphäre zu sorgen, in der sich Leistungsbereitschaft lohnt.“11
Jürgen Klopp
Erfolgreiche Trainer schaffen ein gutes Gleichgewicht zwischen der Lenkung im Hintergrund durch gezieltes Training und gleichzeitig den Spielern die Entscheidungshoheit während dem Spiel zu überlassen. Gerade die Intuition der Spieler ist ein nicht zu verachtender Aspekt, der über Sieg oder Niederlage entscheiden kann.
Wie wichtig die Intuition der Spieler ist, wurde in einem Experiment mit dem ehemaligen Handball-Nationalspieler Michael Hegemann bewiesen: Dabei wurde er am Computer in Handball-Spiel-Situationen versetzt, in denen er keine Zeit zum Nachdenken hatte und genau wie während eines Handball-Spiels blitzschnelle Entscheidungen treffen musste.
Intuition ist entscheidend
Bei der Auswertung der Ergebnisse stellte sich heraus, dass er in 73 Prozent seiner intuitiven Entscheidungen die richtige Wahl getroffen hatte. In einem zweiten Test ließ man Hegemann die Zeit, länger über eine Lösung nachzudenken. Dabei traf er in über 50 Prozent die falschen Entscheidungen.12
Jene Intuition trainieren wir mit jeder Trainingseinheit, denn unsere Intuition basiert auf Wissen und Erfahrungen, die in unserem Unterbewusstsein gespeichert sind. Wer im Training nur mit einer laschen Einstellung zu Werke geht, wird auch im Spiel die falschen Entscheidungen treffen, da seine Erfahrung in jenen Spielsituation nicht entsprechend geschult ist, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.
Unterschied zwischen Cristiano Ronaldo und einem Amateurfußballer
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam ein Experiment mit Cristiano Ronaldo. In einer Doku des englischen Fernseh-Senders Sky Sports sollte der Weltfußballer von 2013 Flanken mit Torschüssen verwerten. „Für einen Fußballer nichts besonderes!“ werden Sie jetzt denken. In dem Fall jedoch schon - da mit dem Abspiel des Flankengebers das Licht in der Halle ausgeschaltet wurde!
Ein Amateur-Fußballer sollte als Vergleichsperson dieselbe Aufgabe erledigen. Per Nachtsichtkamera wurde anschließend das Ergebnis der beiden „Probanden“ ausgewertet: Während die Vergleichsperson das Abspiel verfehlte, verwertete Ronaldo jedes Abspiel. (siehe Video unten ab Minute 6:20)
Wiederholungen führen zum Automatismus
Der Test zeigte, dass Ronaldo die Bewegungen des Flankengebers so perfekt interpretiert, dass die kurze Information zu Beginn der Flanke ausreichte, um die dazu passende eigene motorische Bewegung abzurufen und den Ball punktgenau zu verwerten.13 Damit zeigt sich einmal mehr, dass Intuition erlernbar ist, es kommt nur auf die eigene Disziplin an, daran kontinuierlich zu arbeiten.
Aus diesem Grunde lässt Pep Guardiola beispielsweise Laufwege wie auch andere Übungen immer und immer wieder wiederholen, bis die Spieler den technischen und taktischen Ablauf vollkommen automatisiert haben. Guardiola ist der festen Überzeugung, dass man spielt, wie man trainiert und das klare Spielregeln für mehr individuelle Freiheit sorgen.
Sein ehemaliger Schützling Gerade Pique beschreibt es so: Ohne es zu merken, lernst du als Spieler jeden Tag dazu und beginnst, auf dem Feld deine eigenen Entscheidungen zu treffen."14 Wenn jeder Spieler jeden Laufweg seiner Mitspieler richtig zu interpretieren lernt, führt das zur perfekten Kombination von Strategie und Intuition - und genau das wissen Weltklassetrainer.
5. Kontinuierliche Weiterentwicklung und sich immer wieder neu erfinden
"Nie ist ein Sieg schöner zu empfinden, als wenn vorher Kampf gewesen und Entwicklung."
Gustav Stresemann, 1878-1929, deutscher Politiker und Friedens-Nobelpreisträger 1926
Jose Mourinho kennen viele nur als Weltklassetrainer, nur die wenigsten wissen, wie er überhaupt zu dem wurde was er heute ist: Mourinho wurde zu Beginn seiner Karriere 1993 dem damaligen englischen Trainer von Sporting Lissabon, Bobby Robson, lediglich als Übersetzer zur Seite gestellt. Aus der Zusammenarbeit entstand ein freundschaftliches Verhältnis, so dass Robson ihn bei seiner nächsten Trainerstation beim FC Porto sogar zum Co-Trainer beförderte.
Als Robson anschließend zum FC Barcelona wechselte, nahm er auch hierher Mourinho mit. Mourinho war dermaßen motiviert, dass er neben der spanischen Sprache sogar katalanisch lernte, um die vielen katalanischen Spieler im Barca-Team besser zu verstehen und zu erreichen. Der Enthusiasmus sprach sich schnell rum und als Robson entlassen wurde, wollte man Mourinho unbedingt behalten, so dass er auch unter dem neuen Trainer Louis van Gaal als Co-Trainer fungierte.
Dieser erkannte schnell die enorme Akribie seines Co-Trainers und förderte ihn weiter, bis er die ersten Angebote als Cheftrainer erhielt. Der Rest ist bekannt..!
Ständig an sich arbeiten
Auch ein Pep Guardiola büffelte wie ein Verrückter die deutsche Sprache, nachdem im Januar 2013 feststand, dass er zur neuen Saison die Münchner Bayern übernehmen wird. Demgegenüber gibt es viele Trainer, die zwar ins Ausland wechseln, sich jedoch bestenfalls durchschnittlich die neue Sprache aneignen. Und wie wichtig die Sprache ist, um seine Spieler zu motivieren, haben wir nicht erst beim Thema "Priming" gesehen.
Ähnlich wie Guardiola, interessiert sich auch Mourinho für Philosophie und Literatur und teilt die Auffassung, dass Sport keine rein physische Aktivität ist - viel wichtiger sei es zu verstehen, wie Menschen funktionieren. Bereits als Spieler eilte Guardiola der Ruf eines Querdenkers voraus. Sein ehemaliger Mitspieler Hristo Stoitschkov erzählte beispielsweise, dass Guardiola immer ein Buch dabei hatte und immer zu ihm und seinen Mitspielern sagte, dass sie lesen sollen.
Über den Tellerrand hinaus blicken
Für den ehemaligen argentinischen Weltmeister-Trainer César Luis Menotti ist Guardiolas Beschäftigung mit kulturellen Dingen ein Grund für seinen Erfolg. Dadurch füttert er nicht nur seine Persönlichkeit mit geistiger Nahrung, sondern erhält auch wertvolle Einblicke in andere Gebiete, die ihn im Umgang mit den Menschen weiterhelfen.15
Es gibt viele Wirtschaftszweige, die von Quereinsteigern völlig neu erfunden wurden: Ray Kroc beispielsweise hatte mit Gastronomie überhaupt nichts am Hut und verkaufte Milchshake-Mixer bis er auf den erfolgreichen Schnellimbiss der McDonald´s Brüder traf und auf die Idee kam, eine Fastfood-Kette aufzubauen.
In dem wir immer wieder über den Tellerrand hinaus blicken, können wir uns ständig neue Inspirationen holen und entsprechend weiterentwickeln - genau das wissen Weltklassetrainer.
6. Weltklassetrainer leben vor, was sie von ihren Spielern erwarten
Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild sein, wenn es nicht anders geht, ein abschreckendes.
Albert Einstein, 1879-1955, deutsch-amerikanischer Physiker
Empirische Studien beweisen durch die Bank einen positiven Zusammenhang zwischen Authentizität und individueller Leistung. Dieses Vertrauen zeigt sich gerade in Phasen, wo es mal nicht so gut läuft und sich die Trainer dann schützend vor ihre Spieler stellen.
Während Trainer wie Pep Guardiola und Jogi Löw jeden Gegner perfektionistisch studieren und ihre Mannschaften akribisch auf diese vorbereiten, greift Jose Mourinho mitunter sogar zu Mitteln, die höchst umstritten sind:
Um noch mehr Agressivität aus seinen Spielern heraus zu kitzeln, macht er auch vor Scharmützeln keinen Halt - wie seine Finger-Attacke 2011 gegen den damaligen Barca-Co-Trainer Tito Vilanova beweist, als er in Folge einer Rudel-Bildung beider Mannschaften diesem den Finger ins Auge drückte.
Guardiola erklärt stets den Sinn
Von Guardiola ist bekannt, dass er seinen Spielern stets erklärt, warum sie Dinge so angehen, wie sie sie angehen sollen. Gerade wenn Spieler auch erfahren, warum ein bestimmtes Verhalten von ihnen erwartet wird, kann das den Unterschied ausmachen gegenüber jenen, die nur strikt den Anweisungen folgen.
Während Durchschnittstrainer einfach nur ihr starres Konzept mitunter gegen den Willen der eigenen Spieler durchzusetzen versuchen, sucht Guardiola den Dialog mit seinen Spielern - und genau das verleiht ihm zusätzliche Kompetenz in den Augen der Spieler. Er erklärt Ihnen stets warum sie sich in Spielsituation entsprechend verhalten sollen.
Erst wenn die Spieler den Sinn hinter der Taktik verinnerlicht haben, können sie sich auch damit identifizieren. Xavi Hernandez beschreibt dies so: "Guardiola erklärt uns die Gründe hinter allem und verlangt, dass wir verstehen, warum wir etwas tun."16 Er lebt stets das vor, was er von seinen Spielern erwartet und gerade deshalb folgen sie ihm.
7. Weltklassetrainer lieben Überraschungsmomente
"Ordnung ist gut für den Überblick, Chaos für Überraschungen"17
Prof. Dr. Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, deutscher Chemiker
Das von Guardiola bei Barca und Bayern oder Del Bosque in der spanischen Nationalmannschaft perfektionierte Kurzpassspiel ist für die Gegner stets aufreibend, ermüdend und demoralisierend. Die Spieler sind stets gezwungen dem Ball hinter her zulaufen und kommen einfach nicht an ihre Gegenspieler heran. Dieser Psychologie sind sich die beiden Trainer bewusst, doch verbirgt sich dahiner nur ein kleiner Teil des Erfolgsgeheimnis:
In Wirklichkeit lenkt es nämlich nur von einer viel größeren Waffe ab! Ralf Rangnick hatte bereits Ende der 90er Jahre erkannt, dass die Chance ein Tor zu erzielen, in den ersten zehn Sekunden nach der Balleroberung am größten sei. Umgekehrt gilt, wenn du den Ball verlierst, ist es in den ersten fünf Sekunden am wahrscheinlichsten, diesen wieder zurückzugewinnen.
Guardiola ist sich dessen bewusst und perfektionierte es dort, wo der Gegner den Ball erobert, umgehend eine neue defensive Ordnung aufzubauen. Das Ziel ist es innerhalb von vier Sekunden den Ball zurückzuerobern. Die Passwege des Gegners werden versperrt und durch dieses perfekte blitzschnelle Umschalten können Guardiolas Mannschaften aus einem vermeintlichen Nachteil einen Vorteil machen, da verlorene Bälle schnell zurückerobert werden können.
Erfolgreiche Ablenkungsmanöver
Ist dies der Fall, gilt es nun für die gegnerischen Mannschaften ebenfalls schnell wieder die Ordnung herzustellen, damit Guardiolas Mannschaften mit ihrem von der Presse genannten "Tiki-Taka-Kurzpassspiel" nicht diesen kurzen unorganisierten Moment ausnutzen können.
Das geht mitunter so weit, dass Guardiolas Mannschaften die Anweisung haben, absichtlich den Ball zu verlieren, wenn sie bei Ballbesitz nicht Nahe genug ans gegnerische Tor kommen. Mit der Balleroberung gibt der Gegner seine defensive Ordnung auf und wird umgehend attackiert.
Durch das blitzschnelle Gegenpressing wird der Ball umgehend zurückerobert und dem Gegner gelingt es nicht mehr, innerhalb der kurzen Zeit zur defensiven Ordnung zurückzukehren, womit sich für Guardiolas Angreifer Tür und Tor für schnelle Gegenstöße öffnen.18
Chaos sorgt für Verwirrung
Auch die NBA-Trainerlegende Pat Riley ist sich der Macht jener Überraschungsmomente bewusst: Mitten in der NBA-Saison 1981/82 führte er als Trainer der LA Lakers eine unorthodoxe Defensiv-Taktik ein, bei der sich plötzlich alle verteidigenden Spieler auf den ballführenden Spieler stürzten. Die Taktik nannte er "Fist", da die Spieler sich wie die Finger einer sich zur Faust schließenden Hand auf den Angreifer stürzten.
Jene Taktik war so unorthodox, dass die gegnerischen Spieler nicht mehr wussten, was sie machen sollten und reihenweise die Bälle verloren. Dieses Momentum ermöglichte den Lakers zahlreiche schnelle Gegenstöße und alleine in den NBA-Finals 1982 gegen die Philadelphia 76ers einen vernichtende 41:9-Lauf zu Beginn der zweiten Hälfte von Spiel eins.
Hatten sich die Angreifer dann darauf eingestellt, gab Riley die Anweisung wieder normal zu spielen und wieder brauchten die Gegner Zeit um ihre Taktik anzupassen. Zeit der Konfusion, die Rileys Team konsequent ausnutzte und folgerichtig 1982 NBA-Champion wurde.19
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Einzelnachweise
1. vgl. dfb.de vom 09.08.2013 zitiert unter Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
2. vgl. dfb.de vom 23.01.2013 zitiert unter Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
3. vgl. Schulze-Marmeling, Dietrich: Guardiola: Der Fussball-Philosoph; Verlag die Werkstatt GmbH, 2013
4. vgl. WDR.de vom 20.03.2013 zitiert unter Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
5. vgl. Schulze-Marmeling, Dietrich: Guardiola: Der Fussball-Philosoph; Verlag die Werkstatt GmbH, 2013
6. vgl. fifa.com vom 17.01.2013 zitiert unter Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
7. vgl. Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
8. vgl. ebenda
9. vgl. Schulze-Marmeling, Dietrich: Guardiola: Der Fussball-Philosoph; Verlag die Werkstatt GmbH, 2013
10. vgl. Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
11. vgl. FAZ vom 03.05.2012 zitiert unter Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
12. vgl.: ZDF: Die katastrophale Diva; 2012 unter http://www.zdf.de/terra-xpress/die-katastrophen-diva-5377660.html
13. vgl. Hermann, Hans-Dieter und Mayer, Jan: Make them go - Was wir vom Coaching der Spitzensportler lernen können; Murmann-Verlag; 2014
14. vgl. Schulze-Marmeling, Dietrich: Guardiola: Der Fussball-Philosoph; Verlag die Werkstatt GmbH, 2013
15. vgl. ebenda
16. vgl. Schulze-Marmeling, Dietrich: Guardiola: Der Fussball-Philosoph; Verlag die Werkstatt GmbH, 2013
18. vgl. Schulze-Marmeling, Dietrich: Guardiola: Der Fussball-Philosoph; Verlag die Werkstatt GmbH, 2013
19. vgl. Riley, Patrick: The Winner Within - A Life Plan for Team Players, Riles & Company, Inc.; 1993